Einleitung
Aus- und Weiterbildung umfasst Kurse und Trainings, die darauf abzielen, sicheres Verhalten im Strassenverkehr zu fördern. Dies wird erreicht, indem Wissen und Verständnis vermittelt, Fähigkeiten durch Training und praktische Erfahrungen entwickelt und sicherheitsfördernde Einstellungen gestärkt werden [1].
Die Ausbildung dient der Erlangung grundlegender Kompetenzen und Qualifikationen. Die Weiterbildung zielt darauf ab, die bestehenden Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern oder zu aktualisieren. Die Aus- und Weiterbildung umfasst die Fahrausbildung für Motorräder und freiwillige Kurse.
Aktuelle Situation
Die Fahrausbildung für Motorradfahrende in der Schweiz umfasst mehrere Phasen. Sie beginnt mit einer theoretischen Ausbildung und praktischen Fahrstunden (Praktische Motorradgrundschulung PGS ), gefolgt von der praktischen Prüfung (Art. 15 SVG; Art. 10, 13, 17, 18, 19, 22 VZV) [2,3].
Nach Erhalt des Führerausweises auf Probe ist ein obligatorischer Weiterbildungskurs im Rahmen der Zweiphasenausbildung innerhalb von 12 Monaten vorgeschrieben. Die Probezeit dauert drei Jahre (Art. 15a Abs. 1 SVG; Art. 27c VZV) [2,3].
Daneben existieren freiwillige Kursangebote von Fahrschulen und Verkehrsclubs. Diese umfassen zum Beispiel Kurse und Fahrtrainings zur Auffrischung von Wissen und Fahrfertigkeiten wie z. B. Kurvenfahren und Schräglagen sowie Sicherheitstrainings wie z. B. zu Bremstechniken.
Präventionsnutzen
Durch die besonderen Anforderungen an das Fahren eines Motorrads ist die Notwendigkeit einer praktischen und theoretischen Grundausbildung unbestritten. Dass diese die Verkehrssicherheit erhöht, ist dagegen empirisch nicht eindeutig belegt [1,4].
Positive Effekte von Aus- und Weiterbildungsmassnahmen auf Aspekte des Wissens und Verhaltens der Teilnehmenden wurden auch für Motorradfahrende nachgewiesen [5], z. B., dass ein Kurs zur Risikowahrnehmung einen positiven Effekt auf das spätere Fahrverhalten der Motorradfahrenden hatte [6].
In Bezug auf das Unfallgeschehen konnte gesamthaft betrachtet jedoch kein deutlicher Sicherheitsnutzen aufgezeigt werden. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass viele Aus- und Weiterbildungen stark auf die Fahrzeugkontrolle und das Fahren unter normalen Verkehrsbedingungen eingehen und häufige Unfallursachen von jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern vernachlässigen (z. B. die mangelhafte Gefahrenwahrnehmung oder eine unangepasste Geschwindigkeit) [4].
Bei Kursen, die sich auf die kurzfristige Vermittlung von Fahrfertigkeiten konzentrieren, wird sogar vermutet, dass Teilnehmende ein überhöhtes Vertrauen in ihre Fähigkeiten entwickeln und infolgedessen risikoreicher fahren.
Optimierungspotential
Die Schweiz verfügt über einen hohen Standard für die Fahraus- und -weiterbildung. Viele Aus- und Weiterbildungsangebote haben jedoch Optimierungspotenzial, wobei man sich dessen zunehmend bewusst wird und auch Anstrengungen zur Verbesserung unternommen werden.
Im gesamten System der Fahraus- und -weiterbildung sollte ein konsistentes, aufbauendes und lebenslanges Lernen angestrebt werden. Mit dem Kompetenzkatalog der Verkehrsbildung [7] steht ein Instrument zur Verfügung, das sämtliche Kompetenzen definiert, die für eine sichere Verkehrsteilnahme wichtig sind. Er dient als Referenzrahmen und bietet Orientierung für den logischen Aufbau der Bildungselemente über verschiedene Altersstufen, Mobilitätsformen sowie die Aus- und Weiterbildung hinweg. Anbieter von Aus- und Weiterbildungen sollten sich verstärkt am Kompetenzkatalog orientieren, um die Inhalte gut aufeinander abzustimmen und ein durchgängiges Lernen zu ermöglichen.
Ein wichtiger Ansatz zur Verbesserung der Fahraus- und -weiterbildungsangebote ist die stärkere Berücksichtigung der höheren Ebenen der GDE-Matrix (Goals for Driver Education) [5,8–11]. Viele Programme fokussieren derzeit noch zu stark auf die unteren Ebenen der Matrix wie Fahrzeugkontrolle und Verhalten in Verkehrssituationen, während die höheren Ebenen – z. B. die Reflexion über eigene Fahrmotive, Risikobereitschaft und Selbstkontrolle – oft vernachlässigt werden, obwohl sie entscheidend sind für die Verkehrssicherheit [5,9].
Fazit
Aus- und Weiterbildung für Motorradfahrende sind wichtige Instrumente zur Förderung der Verkehrssicherheit, deren Wirksamkeit ist jedoch nicht eindeutig belegt. Vermutlich fokussieren viele Programme zu stark auf Fahrzeugkontrolle und das Fahren unter normalen Verkehrsbedingungen. Eine stärkere Ausrichtung auf die höheren Ebenen der GDE-Matrix, eine gezielte Förderung der Gefahrenwahrnehmung sowie ein lebenslanges, aufbauendes Lernen könnten die Wirksamkeit erhöhen.
Quellen
[1] Institute for Road Safety Research SWOV. Traffic education. The Hague, NL: SWOV; 2024. SWOV Fact sheet.
[2] Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG; SR 741.01).
[3] Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976 (Verkehrszulassungsverordnung, VZV, SR 741.51).
[4] Institute for Road Safety Research SWOV. Driver training and driving tests: SWOV; 2019. SWOV Fact sheet.
[5] Berbatovci H. Wirksamkeit von freiwilligen Motorradkursen. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2019. Forschung 2.369. DOI:10.13100/BFU.2.369.01.2019.
[6] Boele-Vos MJ, de Craen S. A randomized controlled evaluation study of the effects of a one-day advanced rider training course. Accid Anal Prev. 2015; 79: 152–159. DOI:10.1016/j.aap.2015.03.021.
[7] Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU. Kompetenzkatalog Verkehrsbildung; o.J. https://www.bfu.ch/de/kompetenzkatalog-verkehrsbildung. 28.08.2024.
[8] Bartl G, Baughan CJ, Fougère J-P et al. Description and analysis of post-licence driver and rider training: The EU ADVANCED-Project Final report. Rijswjik, NL: Commission Internationale des Examens de Conduite Automobile CIECA; 2002.
[9] Cavegn M, Walter E, Scaramuzza G et al. Evaluation der Zweiphasenausbildung: Schlussbericht zuhanden des Bundesamts für Strassen (ATRA). Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2012.
[10] Engström I, Gregersen N-P, Hernetkoski K et al. Young novice drivers, driver education and training: Literature review. Linköping: Swedish National Road and Transport Research Institute VTI; 2003. VTI rapport 491A.
[11] Kramer T, Ingenhoff N. GDE-Matrix und Coaching: Grundlage zur Förderung der Risikokompetenz in der Verkehrsbildung. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2024. Fachdokumentation 2.527.