Ausgangslage
Alkohol gehört zu den grössten Sicherheitsrisiken im Strassenverkehr. Wie bei allen Verkehrsteilnehmenden sind auch bei E-Bike-Fahrenden die psychomotorischen und kognitiven Fähigkeiten unter Alkoholeinfluss beeinträchtigt.
Verbreitung
Häufigkeit von E-Bike-Fahrten unter Alkoholeinfluss
Alkoholkonsum ist in der Schweiz weit verbreitet. Da Alkohol aber wohl vorwiegend abends oder nachts konsumiert wird und die meisten E-Bike-Fahrten tagsüber stattfinden, ist von einer geringen Verbreitung von E-Bike-Fahrten unter Alkoholeinfluss auszugehen.
In der BFU-Bevölkerungsbefragung gaben 81 % der Personen, die mindestens mehrmals pro Monat E-Bike fahren, an, dass sie nie oder höchstens selten Velo oder E-Bike fahren, nachdem sie zwei oder mehr Gläser Alkohol getrunken haben. 15 % tun dies gelegentlich, 2 % oft [1].
Gefährlichkeit
Alkoholkonsum erhöht das Unfall- und Verletzungsrisiko beim E-Bike-Fahren. Dies zeigen Studien zu Velo- und E-Bike-Unfällen:
Beeinträchtigte Fahrfähigkeit
Alkohol führt zu Beeinträchtigungen der Wahrnehmung, der Informationsverarbeitung, des Sicherheitsbewusstseins und der Motorik. Eine Studie wies nach, dass bereits eine geringe Alkoholkonzentration zu einer Verschlechterung der Fahrleistung (z. B. Koordinationsprobleme) bei Velofahrenden führt. Mit zunehmender Alkoholisierung verschlechtert sich die Fahrleistung [2].
Weitere Risikofaktoren
Alkoholisierte Velo- und E-Bike-Fahrende sind häufiger nachts unterwegs, wo auch die reduzierten Sichtverhältnisse oder Müdigkeit das Unfallrisiko erhöhen [3]. Sie tragen zudem seltener einen Helm. Dies zeigen nicht nur internationale Studien [4]; auch die Schweizer Verkehrsunfallstatistik lässt darauf schliessen.
Unfallrisiko
Eine Fall-Kontroll-Studie aus den USA zeigt, dass Velofahrende mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,02 g/dl (0,2 Promille) oder mehr ein mehr als 5-fach höheres Risiko haben (Odds Ratio), schwer oder tödlich zu verunfallen, als Velofahrende mit einer BAK unter 0,02 g/dl. Bei einer BAK von 0,08 g/dl (0,8 Promille) oder mehr fand sich gar ein um den Faktor 20 erhöhtes Risiko (adj. OR=20,2) [5]. Eine kanadische Studie mit Case-Crossover-Design kam zum Schluss, dass der Alkoholkonsum das Risiko für einen Velounfall mit nachfolgender Behandlung in einer Notaufnahme um den Faktor 4 erhöht [6].
Schwerere Verletzungen
Alkoholisierte Velo- und E-Bike-Fahrende haben bei einem Unfall ein grösseres Risiko, schwerere Verletzung zu erleiden. Dies trifft auch zu, wenn andere Einflussfaktoren auf das Verletzungsrisiko (z. B. Helm) statistisch kontrolliert werden [4,7,8].
Unfallrelevanz
Alkoholkonsum ist gemäss Polizeistatistik eine der häufigsten Ursachen bei schweren E-Bike-Unfällen. Insgesamt wird bei 12 % aller schweren Personenschäden bei E-Bike-Fahrenden deren Alkoholkonsum als (Mit-)Ursache des Unfalls angesehen (Ø 2018–2022).
Sind die E-Bike-Fahrenden Hauptverursachende ihres Unfalls, so wird der Unfall in 14 % der Fälle auf Alkohol zurückgeführt. Bei den meisten dieser Unfälle handelt es sich um Alleinunfälle.
Allerdings gibt es alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede:
- Bei den jüngeren E-Bike-Fahrenden spielt der Alkohol im Unfallgeschehen eine deutlich grössere Rolle als bei den älteren. Bei den 18- bis 24-Jährigen wird bei 29 % der schweren Personenschäden der Alkoholkonsum als (Mit-)Ursache des Unfalls erachtet. Bei den 25- bis 44-Jährigen beträgt dieser Anteil 21 %, bei den 65-Jährigen und Älteren nur 4 %.
- Bei Männern wird Alkohol deutlich häufiger als (Mit-)Ursache registriert als bei den Frauen (17 % vs. 5 %).
Hinweise
Zu beachten ist, dass es in der offiziellen Verkehrsunfallstatistik bei E-Bike-Unfällen eine hohe Dunkelziffer gibt, insbesondere bei Alleinunfällen und Unfällen mit leichten Verletzungsfolgen. Dies erschwert verallgemeinerbare Aussagen auf Grundlage dieser Statistik.
Quellen
[1] Hebenstreit B, Jöri H. Velofahrer im Stadtverkehr. Akzeptanz und Einhaltebereitschaft von signalisierten und allgemeinen Verkehrsvorschriften durch Velofahrer. Zürich: Institut für angewandte Psychologie; 1991.
[2] Walter E, Achermann Stürmer Y, Scaramuzza G et al. Fahrradverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2012. Sicherheitsdossier Nr. 08.
[3] Twisk DAM, Stelling A, van Gent P et al. Speed characteristics of speed pedelecs, pedelecs and conventional bicycles in naturalistic urban and rural traffic conditions. Accid Anal Prev. 2021; 150(2): 105940. DOI:10.1016/j.aap.2020.105940.
[4] Schleinitz K, Petzoldt T, Franke-Bartholdt L et al. The German naturalistic cycling study – Comparing cycling speed of riders of different e-bikes and conventional bicycles. Saf Sci. 2017; 92: 290–297.
[5] Von Below A. Verkehrssicherheit von Radfahrern – Analyse sicherheitsrelevanter Motive, Einstellungen und Verhaltensweisen. Bremen: Fachverlag NW in der Carl Schünemann Verlag GmbH; 2016. Berichte der Bundesanstalt für Strassenwesen BASt, Mensch und Sicherheit M 264.
[6] Eriksson J, Forsman Å, Niska A et al. An analysis of cyclists' speed at combined pedestrian and cycle paths. Traffic injury prevention. 2019; 20(sup3): 56–61. DOI:10.1080/15389588.2019.1658083.
[7] Rivara FP, Thompson DC, Thomspon RS. Epidemiology of bicycle injuries and risk factors for serious injury. Injury Prevention. 1997; 3(2): 110–114.
[8] Schleinitz K, Kühn M, Gehlert T. Geschwindigkeitswahrnehmung von einspurigen Fahrzeugen: Matthias Kühn ; Tina Gehlert. Berlin: Unfallforschung der Versicherer; 2015. Forschungsbericht / Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V 33.