Ausgangslage
Alkohol gehört zu den grössten Sicherheitsrisiken im Strassenverkehr. Wie bei allen Verkehrsteilnehmenden sind auch bei Velofahrerinnen und Velofahrern die psychomotorischen und kognitiven Fähigkeiten unter Alkoholeinfluss beeinträchtigt. Dadurch erhöht sich das Unfallrisiko im Strassenverkehr deutlich.
Verbreitung
Alkoholkonsum ist in der Schweiz weit verbreitet. Da Alkohol aber wohl vorwiegend abends oder nachts konsumiert wird und die meisten Velofahrten tagsüber stattfinden, ist von einer geringen Verbreitung von Velofahrten unter Alkoholeinfluss auszugehen.
In der BFU-Bevölkerungsbefragung gaben 80 % der Personen, die mindestens mehrmals pro Monat Velo fahren, an, dass sie nie oder höchstens selten Velo oder E-Bike fahren, nachdem sie zwei oder mehr Gläser Alkohol getrunken haben. 14 % tun dies gelegentlich, 3 % oft [1].
Gefährlichkeit
Alkoholkonsum erhöht das Unfall- und Verletzungsrisiko beim Velofahren. Dies zeigen beispielsweise die folgenden Studien:
Beeinträchtigte Fahrfähigkeit
Alkohol führt zu Beeinträchtigungen der Wahrnehmung, der Informationsverarbeitung, des Sicherheitsbewusstseins und der Motorik. Eine Studie wies nach, dass bereits eine geringe Alkoholkonzentration zu einer Verschlechterung der Fahrleistung (z. B. zu Koordinationsproblemen) beim Velofahren führt. Mit zunehmender Alkoholisierung verschlechtert sich die Fahrleistung [2].
Weitere Risikofaktoren
Alkoholisierte Velofahrerinnen und Velofahrer sind häufiger nachts unterwegs, wo auch die reduzierten Sichtverhältnisse und Müdigkeit das Unfallrisiko erhöhen [3]. Sie tragen zudem seltener einen Helm. Dies zeigen nicht nur internationale Studien [4]; auch die Schweizer Verkehrsunfallstatistik lässt darauf schliessen.
Unfallrisiko
Eine Fall-Kontroll-Studie aus den USA zeigt, dass Velofahrende mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,02 g/dl (0,2 Promille) oder mehr ein mehr als 5-mal höheres Risiko haben (Odds Ratio), schwer oder tödlich zu verunfallen als Velofahrende mit einer BAK unter 0,02 g/dl. Bei einer BAK von 0,08 g/dl (0,8 Promille) oder mehr fand sich gar ein um den Faktor 20 erhöhtes Risiko (adj. OR = 20,2) [5]. Eine kanadische Studie mit Case-Crossover-Design kam zum Schluss, dass der Alkoholkonsum das Risiko für einen Velounfall mit darauf folgender Behandlung in einer Notaufnahme um den Faktor 4 erhöht [6].
Schwerere Verletzungen
Alkoholisierte Velofahrende haben bei einem Unfall ein grösseres Risiko, schwerere Verletzung zu erleiden. Dies trifft auch zu, wenn andere Einflussfaktoren hinsichtlich Verletzungsrisiko (z. B. Helm) statistisch kontrolliert werden [4].
Unfallrelevanz
Alkoholkonsum ist gemäss Polizeistatistik eine der häufigsten Ursachen bei schweren Velounfällen. Insgesamt wird bei 10 % aller schweren Personenschäden von Velofahrenden deren Alkoholkonsum als (Mit-)Ursache des Unfalls angesehen (Ø 2018–2022).
Sind die Velofahrenden Hauptverursachende ihres Unfalls, so wird der Unfall in 14 % der Fälle auf Alkohol zurückgeführt. Bei den meisten dieser Unfälle handelt es sich um Alleinunfälle.
- Allerdings gibt es alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede:
Bei den jüngeren, erwachsenen Velofahrenden spielt der Alkohol im Unfallgeschehen eine deutlich grössere Rolle als bei den älteren. Bei den 18- bis 24-Jährigen wird bei 20 % der schweren Personenschäden der Alkoholkonsum als (Mit-)Ursache des Unfalls registriert. Bei den 25- bis 44-Jährigen beträgt dieser Anteil 18 %, bei den 65-Jährigen und älteren nur 3 %. - Bei Männern wird Alkohol häufiger als (Mit-)Ursache registriert als bei den Frauen (12 % vs. 6 %).
Hinweise
Zu beachten ist, dass es in der offiziellen Verkehrsunfallstatistik bei Velounfällen eine hohe Dunkelziffer gibt, insbesondere bei Alleinunfällen und Unfällen mit leichten Verletzungsfolgen. Dies erschwert verallgemeinerbare Aussagen auf Grundlage dieser Statistik.
Quellen
[1] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2023: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufsunfälle [Unveröffentlichter Bericht]. Bern: BFU; 2023.
[2] Daldrup T, Roth EH, Schwender H et al. Zusammenhang zwischen der Höhe der Blutalkoholkonzentration und Beeinträchtigungen beim Führen eines Fahrrades. Blutalkohol. 2015; 52(1-6): 1–9.
[3] Twisk DAM, Reurings M. An epidemiological study of the risk of cycling in the dark: The role of visual perception, conspicuity and alcohol use. Accid Anal Prev. 2013; 60: 134–140. DOI:10.1016/j.aap.2013.08.015.
[4] Sethi M, Heyer JH, Wall S et al. Alcohol use by urban bicyclists is associated with more severe injury, greater hospital resource use, and higher mortality. Alcohol. 2016; 53: 1–7. DOI:10.1016/j.alcohol.2016.03.005.
[5] Li G, Baker SP, Smialek JE, Soderstrom CA. Use of alcohol as a risk factor for bicycling injury. JAMA. 2001; 285(7): 893–896. DOI:10.1001/jama.285.7.893.
[6] Asbridge M, Mann R, Cusimano MD et al. Cycling-related crash risk and the role of cannabis and alcohol: A case-crossover study. Prev Med. 2014; 66: 80–86. DOI:10.1016/j.ypmed.2014.06.006.