Ausgangslage
Die Sicherheit von Fussgängerinnen und Fussgängern hängt nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von den anderen Verkehrsteilnehmenden ab. Die Geschwindigkeit der Kollisionsgegner ist mitentscheidend für die Schwere der Verletzungen, die Fussgängerinnen und Fussgänger bei einem Unfall erleiden.
Bei Kollisionen von Fussgängerinnen und Fussgängern mit anderen Verkehrsteilnehmenden steigt das Verletzungsrisiko bei höheren Geschwindigkeiten deutlich an – vor allem, wenn die anderen Verkehrsteilnehmenden motorisiert sind.
Fussgängerinnen und Fussgänger sind besonders verletzlich. Bereits eine geringe Geschwindig-keitserhöhung um wenige Stundenkilometer kann statt zu einer harmlosen Verletzung zum Tod des angefahrenen Fussgängers oder der angefahrenen Fussgängerin führen.
Mitverantwortlich dafür ist die Tatsache, dass sie keine Knautschzone haben. Die Energie, die ein Objekt (z. B. ein Auto) durch seine Bewegung bzw. Geschwindigkeit erhält, wirkt so direkt auf den Körper ein.
Geringe Geschwindigkeitsunterschiede der Kollisionsgegner werden von diesen jedoch oft als unbe-deutend angesehen. Nicht angepasste Geschwindigkeit bzw. die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist wohl auch deshalb keine Seltenheit.
Verbreitung
Schwere Fussgängerunfälle infolge nicht angepasster oder überhöhter Geschwindigkeit werden am häufigsten durch Lenkerinnen und Lenker von Personenwagen (PW) verursacht. Deutlich seltener sind Lenkende von Motorrädern, Mofas, E-Bikes, Velos oder E-Trottinetten die Kollisionsgegner.
So sind Geschwindigkeitsüberschreitungen bei PW-Lenkenden z. B. keine Seltenheit. Im Jahr 2019 führte die BFU an verschiedenen Ortslagen Geschwindigkeitsmessungen durch [1]. Die Übertretungsrate der PW-Lenkerinnen und -Lenker betrug 53 % in Tempo-30-Zonen und 36 % in Tempo-50-Zonen. Auf Autobahnen betrug die Übertretungsrate 31 %, ausserorts war sie mit 18 % am niedrigsten (mehr Informationen zur Verbreitung von Geschwindigkeitsüberschreitungen bei Lenkerinnen und Lenkern von Personenwagen finden sich hier).
Gefährlichkeit
Die Sterbewahrscheinlichkeit von Fussgängerinnen und Fussgängern bei einer Kollision hängt von der Geschwindigkeit des Kollisionsgegners ab (vgl. Abbildung 2). So ist die Sterbewahrscheinlichkeit für Fussgängerinnen und Fussgänger bei einer Kollision mit einem Fahrzeug, das mit 50 km/h fährt, sechsmal höher als bei einer Kollision mit einem Fahrzeug, das mit 30 km/h fährt [5].

Abbildung 1: Wahrscheinlichkeit, als Fussgängerin oder Fussgäner bei einer Frontalkollision mit einem Motorfahrzeug zu sterben (eigene Darstellung der BFU)
Unfallrelevanz
Die Unfallrelevanz von nicht angepasster oder überhöhter Geschwindigkeit anderer Verkehrsteil-nehmender bei schweren Fussgängerunfällen ist vergleichsweise gering: Nur 4 % aller schweren Personenschäden von Fussgängerinnen und Fussgängern sind darauf zurückzuführen (Hauptursache) (Ø 2019–2023). Wird nicht angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit als Mitursache aufseiten der Kollisionsgegner dazugezählt, steigt der Anteil schwerer Personenschäden bei Fussgängerinnen und Fussgängern auf 10 %.
Bei den Verkehrsteilnehmenden mit nicht angepasster oder überhöhter Geschwindigkeit, die einen schweren Fussgängerunfall verursachen, handelt es sich zu 57 % um PW-Lenkende und zu 12 % um Personen, die mit fahrzeugähnlichen Geräten wie Trottinett, Skateboard etc. unterwegs sind (kurz fäG). Seltener werden Fussgängerinnen und Fussgänger von Motorrad- (6,7 %), Mofa- (3,3 %), E-Bike- (5 %) und Velofahrenden (9,2 %) infolge nicht angepasster oder überhöhter Geschwindigkeit schwer verletzt oder getötet.
Deutlich häufiger (53 %) verursachen Kollisionsgegner (nicht nur PW-Lenkende) einen schweren Fussgängerunfall, weil sie mit einer den Sichtverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit fah-ren. Nur in 1 % der Fälle ist die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit die Hauptursa-che.
Quellen
[1] Niemann S. Geschwindigkeit auf Schweizer Strassen: Pilotprojekt zur Erhebung des Geschwindigkeitsverhaltens von Motorfahrzeuglenkenden. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2020. Forschung 2.378. DOI:10.13100/BFU.2.378.01.2020.
[2] Hertach P. Geschwindigkeitskontrollen: Empfehlungen aus Präventionssicht. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2021. Forschung 2.401. DOI:10.13100/BFU.2.401.01.2021.
[3] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2022: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufs-unfälle [Unveröffentlichter Bericht]. Bern: BFU; 2022.
[4] Vias Institute. Switzerland – ESRA3 Country Fact Sheet. ESRA3 survey (E-Survey of Road Users’ Attitudes). Version 2 (01/2024): Vias Institute; 2023.
[5] Hussain Q, Feng H, Grzebieta R et al. The relationship between impact speed and the probabil-ity of pedestrian fatality during a vehicle-pedestrian crash: A systematic review and meta-analysis. Accid Anal Prev. 2019; 129: 241–249. DOI:10.1016/j.aap.2019.05.033.