Ausgangslage
E-Bike-Fahrerinnen und E-Bike-Fahrer gehören zu den verletzlichen Verkehrsteilnehmenden. Sie verfügen über keinen äusseren Schutz wie eine Fahrzeugkarosserie oder Airbags, wie dies beispielsweise bei Personenwagen der Fall ist. Bei einem Unfall sind sie deshalb den entstehenden Kräften direkt ausgesetzt. Dies macht sie besonders verletzungsanfällig. Im Vergleich zu Lenkenden von klassischen Velos kommt hinzu, dass sie im Durchschnitt mit höheren Geschwindigkeiten unterwegs sind. Auch dies beeinflusst das Verletzungsrisiko.
Verbreitung
Grundsätzlich gelten alle E-Bike-Fahrenden als verletzliche Verkehrsteilnehmende. Innerhalb dieser Gruppe gibt es jedoch Unterschiede:
Ältere Menschen sind im Allgemeinen verletzlicher als jüngere. Daher haben ältere E-Bike-Fahrende ein deutlich höheres Risiko, bei einem Unfall schwere Verletzungen zu erleiden als jüngere E-Bike-Fahrende [1,2]. Gemäss Mikrozensus 2021 entfallen 23 % aller von der Schweizer Bevölkerung mit E-Bikes zurückgelegten Kilometer auf Personen im Seniorenalter (Mikrozensus 2021, Auswertungen BFU).
Aufgrund der höheren Fahrgeschwindigkeiten ist davon auszugehen, dass die Lenkerinnen und Lenker von schnellen E-Bikes ein höheres Verletzungsrisiko haben als jene von langsamen E-Bikes. Bei Alleinunfällen zeigt sich diese Tendenz auch in den Unfalldaten. Bei Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmenden findet sich hingegen kein Unterschied zwischen den beiden E-Bike-Typen [1].
E-Bike-Fahrende mit Helm sind besser vor Kopfverletzungen geschützt als E-Bike-Fahrende ohne Helm. Erhebungen zufolge trugen im Jahr 2023 64 % der Lenkenden langsamer E-Bikes (Konfidenzintervall: 54–73 %) und 96 % der Lenkenden schneller E-Bikes (KI: 91–98 %) einen Helm [3].
Gefährlichkeit
Die Tatsache, dass E-Bike-Fahrerinnen und -Fahrer den bei einem Unfall auftretenden Kräften direkt ausgesetzt sind, geht generell mit einem erhöhten Risiko für schwere Verletzungen einher. Entsprechend zeigt die offizielle Verkehrsunfallstatistik, dass E-Bike-Fahrende bei Unfällen häufiger schwer verletzt werden als PW-Insassinnen und PW-Insassen: Der Anteil der schweren Verletzungen an allen registrierten Verletzungen ist bei E-Bike-Fahrenden mit 30 % deutlich höher als bei PW-Insassinnen und -Insassen, wo er nur 9 % beträgt (Ø 2019–2023). Aufgrund der hohen Dunkelziffer bei den E-Bike-Fahrenden dürften diese Zahlen jedoch verzerrt sein (siehe Hinweise).
Die Wahrscheinlichkeit, bei einem E-Bike-Unfall schwere Verletzungen zu erleiden, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören unter anderem:
Alter
Ältere E-Bike-Fahrende haben ein deutlich höheres Risiko, schwer oder tödlich verletzt zu werden als jüngere. So sterben gemäss Unfallstatistik in der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen 0,3 % der bei einem E-Bike-Unfall verletzten Personen an den Unfallfolgen. Bei den 45- bis 64-Jährigen sind es 0,7 %, bei den 65- bis 74-Jährigen 1,7 % und bei den 75-Jährigen und älteren 4 %.
Velohelm
Metaanalysen zeigen, dass Velohelme die Wahrscheinlichkeit von Kopfverletzungen bei Velofahrenden um ca. 50 % reduzieren können. Die Wahrscheinlichkeit schwerer Kopfverletzungen sogar um 60–70 % [4,5].
Fahrgeschwindigkeit und Kollisionsgegner
Das Risiko schwerer Verletzungen steigt mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit [6]. Bei Alleinunfällen ist die Geschwindigkeit der E-Bike-Fahrenden entscheidend. Bei Kollisionen beeinflussen zusätzlich die Geschwindigkeit und die Masse des Kollisionsgegners die Verletzungsschwere [7]. Auch das Frontprofil und die Frontsteifigkeit des Kollisionsfahrzeugs beeinflussen die Verletzungsschwere. So erhöhen z. B. hohe und gleichzeitig steile Fahrzeugfronten – wie bei Lieferwagen – das Risiko schwerer Kopfverletzungen [8,9].
Alkohol
Alkoholisierte Velo- und E-Bike-Fahrende haben ein erhöhtes Risiko, bei einem Unfall schwerere Verletzung zu erleiden. Dies gilt auch, wenn andere Einflussfaktoren auf das Verletzungsrisiko (z. B. Helm) statistisch kontrolliert werden [10–12].
Unfallrelevanz
Bei 30 % der polizeilich registrierten Personenschäden von E-Bike-Fahrerinnen und -Fahrern handelt es sich um schwere Personenschäden (Ø 2019–2023).
Seniorinnen und Senioren sind im Verhältnis zu ihrer Fahrleistung überproportional von schweren Personenschäden betroffen. Ihr Anteil an allen schwer verunfallten E-Bike-Fahrenden auf Schweizer Strassen beträgt 34 %. Bei den Getöteten beträgt ihr Anteil sogar 62 %.
Absolut gesehen ereignen sich rund drei Viertel der schweren Personenschäden von E-Bike-Fahrenden innerorts und ein Viertel ausserorts. Allerdings sind die Unfälle ausserorts schwerwiegender: 40 % der registrierten Personenschäden ausserorts sind schwerwiegend. Innerorts sind es 27 %.
Hinweise
Zu beachten ist, dass es in der offiziellen Verkehrsunfallstatistik bei E-Bike-Unfällen eine hohe Dunkelziffer gibt, insbesondere bei Alleinunfällen und Unfällen mit leichten Verletzungsfolgen. Dies erschwert verallgemeinerbare Aussagen auf Grundlage dieser Statistik.
Quellen
[1] Hertach P, Uhr A. Sicherheit von E-Bikes im Strassenverkehr: Handlungsbedarf und -möglichkeiten. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2022. DOI:10.13100/bfu.2.464.01.2022.
[2] Huwiler K, Uhr A. Kurzanalyse: Sicherheit älterer Velo- und E-Bike-Fahrender. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2023. DOI:10.13100/bfu.2.504.01.2023.
[3] Niemann S. Erhebungen 2023: Helmtragquote der Velo- und E-Bike-Fahrenden im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2023. DOI:10.13100/bfu.2.521.01.2023.
[4] Hoye AK. Bicycle helmets – To wear or not to wear? A meta-analyses of the effects of bicycle helmets on injuries. Accid Anal Prev. 2018; 117: 85–97. DOI:10.1016/j.aap.2018.03.026.
[5] Olivier J, Creighton P. Bicycle injuries and helmet use: A systematic review and meta-analysis. Int J Epidemiol. 2016: 1–15. DOI:10.1093/ije/dyw153.
[6] Twisk DAM, Stelling A, van Gent P et al. Speed characteristics of speed pedelecs, pedelecs and conventional bicycles in naturalistic urban and rural traffic conditions. Accid Anal Prev. 2021; 150(2): 105940. DOI:10.1016/j.aap.2020.105940.
[7] Bahrololoom S, Young W, Logan D. Modelling injury severity of bicyclists in bicycle-car crashes at intersections. 0001-4575. 2020; 144: 105597.
[8] Monfort SS, Mueller BC. Bicyclist crashes with cars and SUVs: Injury severity and risk factors. Traffic injury prevention. 2023; 24(7): 645–651. DOI:10.1080/15389588.2023.2219795.
[9] Walter E, Achermann Stürmer Y, Scaramuzza G et al. Fahrradverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2012. Sicherheitsdossier Nr. 08.
[10] Hamzani Y, Demtriou H, Zelnik A et al. Impact of drug and alcohol use on hospitalization for injuries in riders of electric bikes or powered scooters: a retrospective cross-sectional study. healthcare. 2022; 10.
[11] Hertach P, Uhr A, Niemann S, Cavegn M. Characteristics of single-vehicle crashes with e-bikes in Switzerland. Accid Anal Prev. 2018; 117: 232–238. DOI:10.1016/j.aap.2018.04.021.
[12] Sethi M, Heyer JH, Wall S et al. Alcohol use by urban bicyclists is associated with more severe injury, greater hospital resource use, and higher mortality. Alcohol. 2016; 53: 1–7. DOI:10.1016/j.alcohol.2016.03.005.