Ausgangslage
Alters- und krankheitsbedingte Veränderungen führen bei älteren Menschen dazu, dass bereits relativ geringe Belastungen gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit haben können.
Diese höhere Verletzlichkeit älterer Menschen hat zur Folge, dass sie bei Unfällen oft schwerer verletzt werden als jüngere Personen. Bei den schweren Personenschäden sind Seniorinnen und Senioren im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil darum übervertreten.
Verbreitung
Im Allgemeinen sind ältere Personen verletzlicher als jüngere. Im Einzelfall muss dies jedoch nicht zutreffen. Da die Altersgruppe ab 65 Jahren bei den schweren Unfällen im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert ist, wird sie zu den verletzlichen Verkehrsteilnehmenden gezählt.
Ende 2022 lebten in der Schweiz fast 1,7 Millionen Personen ab 65 Jahren [1]. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 19 %. Die Zahl und der Bevölkerungsanteil der Seniorinnen und Senioren nehmen seit Jahren zu und werden auch in Zukunft steigen. Das Bundesamt für Statistik geht davon aus, dass im Jahr 2050 rund 2,7 Millionen Personen in der Schweiz 65-jährig und älter sein werden [1].
Dabei steigt die Zahl der Personen ab 80 Jahren prozentual stärker als die Zahl der mindestens 65-Jährigen [2]. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Verletzlichkeit auch innerhalb der Altersgruppe ab 65 Jahren mit zunehmendem Alter steigt.
Zudem steigt auch die Mobilität der älteren Personen. Im Jahr 2021 haben Seniorinnen und Senioren beispielsweise etwa 100 Millionen Kilometer mehr mit dem E-Bike zurückgelegt als im Jahr 2015 (Mikrozensus 2015 und 2021, Auswertungen BFU). Die zunehmende Zahl der Seniorinnen und Senioren und ihre steigende Mobilität führen dazu, dass immer mehr ältere, verletzliche Verkehrsteilnehmende unterwegs sind.
Gefährlichkeit
Ihre Verletzlichkeit ist für ältere Personen einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Risikofaktor im Strassenverkehr [3]. Dies zeigt sich in den Unfalldaten: Während insgesamt 19 % aller bei einem Verkehrsunfall verletzten Personen schwer oder tödlich verletzt sind, sind es bei den Personen ab 65 Jahren mit 30 % deutlich mehr.
Auch innerhalb der Altersgruppe steigt dieser Anteil: Bei den 65- bis 74-Jährigen liegt er bei 29 %, bei den 75-Jährigen und älteren bei 33 %. Der Anteil schwerer Personenschäden ist bei Senioren unabhängig von der Art ihrer Verkehrsteilnahme höher als bei den jüngeren Personen [4].
Im Vergleich zu jüngeren Verkehrsteilnehmenden ist auch die Letalität (siehe Hinweis 1) älterer Personen bei Verkehrsunfällen deutlich erhöht – unabhängig davon, ob sie zu Fuss, im PW, mit dem Motorrad, dem Velo oder mit dem E-Bike unterwegs sind.
Die Letalität der 65- bis 74-Jährigen bei Unfällen im Strassenverkehr ist fast doppelt so hoch wie über alle Altersgruppen hinweg betrachtet; jene der 75-Jährigen und älteren ist etwa viermal so hoch [5].
Zur körperlichen Verletzlichkeit kommt hinzu, dass ältere Personen zusätzlich gefährdet sind, wenn sie zu Fuss oder auf einem Zweirad unterwegs sind. Ältere Personen legen zwar insgesamt kürzere Distanzen im Strassenverkehr zurück als jüngere. Bezüglich der zu Fuss zurückgelegten Distanzen finden sich jedoch keine Unterschiede zwischen den Altersklassen [6]. Am höchsten ist die Letalität älterer Personen, wenn sie zu Fuss verunfallen: 6 % der verletzten älteren Fussgängerinnen und Fussgänger sterben an den Folgen des Unfalls [5].
Unfallrelevanz
Bei 22 % der schwer verletzten oder getöteten Personen handelt es sich um Seniorinnen und Senioren. Bei den Getöteten liegt ihr Anteil sogar bei 40 % [5]. Damit sind sie im Unfallgeschehen im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil von 19 % übervertreten. Ein grosser Teil davon dürfte auf ihre Verletzlichkeit zurückzuführen sein.
Betrachtet man die verschiedenen Mobilitätsformen, zeigen sich Unterschiede. Bei Motorrad- und E-Trottinett-Unfällen beispielsweise ist der Anteil der Seniorinnen und Senioren deutlich tiefer [5]. Dies dürfte vor allem damit zu erklären sein, dass ältere Personen wenig mit diesen Fahrzeugen unterwegs sind.
Mit dem E-Bike und zu Fuss hingegen legen ältere Personen ähnlich weite oder sogar weitere Strecken zurück als jüngere [6]. Bei den E-Bike- und Fussgängerunfällen liegt ihr Anteil darum auch deutlich höher: Bei den Schwerverletzten liegt er bei beiden Mobilitätsformen bei einem Drittel, bei den Getöteten bei über 60 % [5]. Hier führt die Kombination aus relativ hoher Exposition und der Verletzlichkeit aufgrund des Alters sowie der Mobilitätsform zu einer hohen Unfallrelevanz.
Hinweise
- Kennwert für die Gefährlichkeit von Unfällen (Anzahl Getötete pro 10 000 Personenschäden)
Quellen
[1] Bundesamt für Statistik BFS, Hg. Die Bevölkerung der Schweiz im Jahr 2022. Neuchâtel; 2023.
[2] Bundesamt für Statistik BFS. Bestand und Entwicklung der Bevölkerung der Schweiz im Jahr 2022: definitive Ergebnisse. https://www.bfs.admin.ch/asset/de/26585459. 19.03.2024.
[3] Uhr A, Ewert U, Scaramuzza G et al. Sicherheit älterer Verkehrsteilnehmer. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2016. Sicherheitsdossier Nr. 14. DOI:10.13100/bfu.2.271.01.
[4] Niemann S, Achermann Stürmer Y, Ellenberger L, Meier D. Status 2023: Statistik der Nichtberufsunfälle und des Sicherheitsniveaus in der Schweiz. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2023. DOI:10.13100/bfu.2.505.01.2023.
[5] Hertach P, Achermann Stürmer Y, Allenbach R et al. Sinus 2023: Sicherheitsniveau und Unfallgeschehen im Strassenverkehr 2022. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2023. DOI:10.13100/bfu.2.501.01.2023.
[6] Muralti J-L, Maksim H, Siegenthaler C et al. Mobilitätsverhalten der Bevölkerung 2021: Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021. Neuenburg: Bundesamt für Statistik BFS; 2023. 11 Mobilität und Verkehr 840-2100.